Beziehungskrise – Was tun? Ursachen, Hilfe & Tipps zur Lösung
Können Sie sich noch an den Beginn Ihrer Beziehung erinnern?
Wenn man nur noch an den anderen denken konnte, war er oder sie der schönste, aufregendste, spannendste Mensch der Welt? Als man sich an den Lippen hing, sich zuhörte, sich interessierte, Neues ausprobierte und leidenschaftlichen Sex hatte.
Und dann kommt irgendwann der Alltag, die Arbeit, die ersten Missverständnisse, die ersten kleinen Verletzungen und Enttäuschungen. Meist nimmt man die noch nicht so ernst, weil viele noch so schön ist, aber die sammeln sich an. Vielleicht zieht man zusammen, bekommt man ein Kind, vielleicht ein zweites. Und zwischen Verpflichtungen, Job, Terminen, Emails, Handy gibt es weniger Miteinander, dafür mehr Streit, kaum Verbindung, wenig nette Worte, keinen Sex. Man steckt in einer Beziehungskrise. Und fragt sich: Bekommen wir das noch mal hin? Wird das wieder gut?
In meiner Praxis begleite ich häufig Paare, die das so oder in ähnlicher Form erleben und sich fragen: Am Anfang war da so viel Liebe – wo haben wir die verloren? Und sie feststellen: Unsere Beziehung ist in einer Krise!
Ich möchte Ihnen in diesem Artikel ein paar Ideen geben, wie Beziehungsprobleme entstehen, wie man Beziehungsprobleme erkennt, was man selbst tun kann und wo man Hilfe bekommt.
Typische Beziehungsprobleme erkennen
Zunächst mal eine gute Nachricht: Beziehungsprobleme sind normal. Es gibt keine Beziehung, die früher oder später nicht eine Krise erlebt, in der man nicht streitet oder den anderen und die andere blöd findet. Und je länger eine Beziehung dauert, desto häufiger erleben Paare oft diese Auseinandersetzungen. Es gilt die Regel: Jede Beziehung wird auf Dauer schlechter – wenn man nichts für sie tut.
Beziehungen durchlaufen mehrere Phasen:
- Verliebtheit: Die typische „Schmetterlinge-im-Bauch-Phase“. Man idealisiert den anderen, er oder sie erfüllt alle unsere Bedürfnisse, Glückshormone wie Dopamin, Noradrenalin und Serotonin sowie die Geschlechtshormone Testosteron und Östrogen werden ausgeschüttet.
- Ernüchterung: Der Hormonhaushalt normalisiert sich nach ein paar Monaten wieder, man erkennt im Alltag, dass der Partner ein paar Macken hat – also Eigenschaften, die man vorher nicht gesehen hat oder nicht sehen wollte.
- Kampf/Differenzierung: Hier treten die Unterschiede deutlicher zutage. Was man am Anfang anders und neu und aufregend empfand, nervt plötzlich. Man stellt fest, dass die eigenen Vorstellungen nicht universell sind. Das führt zu Enttäuschungen und dem Versuch, den Partner/die Partnerin zu ändern. Weil das nicht klappt, kommt es zu Machtkämpfen und Vorwürfen: „Immer meckerst Du!“, „Du hörst nie zu!“
- Resignation: Manche ziehen sich zurück und geben innerlich auf. Oder man arrangiert sich mit einer halb zufriedenen Beziehung. Viele Paare trennen sich hier frustriert oder es beginnen Affären.
- ·Akzeptanz: Die Partner erkennen: Du bist Du und ich bin ich. Wir akzeptieren unsere Unterschiede und bleiben in unserer Verschiedenheit liebevoll beieinander.
Klassische Beziehungsprobleme, die in diesen Phasen auftauchen können:
Kommunikationsprobleme in der Beziehung
Meist fühlen sich beide nicht verstanden, Gespräche eskalieren schnell. Manchmal schaukeln die Partner sich gegenseitig hoch. Oder: Einer schimpft, der andere macht zu und schweigt. Es gibt schnell Kritik („Nie machst Du…“), Anklagen („Du bist total gefühllos!“), Abwertungen („Du bist so ein Weichei!“) und Verallgemeinerungen („immer“, „nie“…).
Fehlende Wertschätzung in der Beziehung
Oft haben beide das Gefühl, sehr viel zu leisten – ohne dass Sie dafür mal ein Lob oder ein Danke hören. Und schon gar kein Kompliment. Vieles wird schnell selbstverständlich: Waschen, Kochen, Putzen, den Lebensunterhalt verdienen, Kinder betreuen – und man guckt nur noch darauf, was schief läuft.
Eifersucht in der Beziehung und Vertrauensbruch durch Affären
Ausgeprägte Eifersucht kann ein ernstes Beziehungsproblem sein. Die Frucht, den anderen zu verlieren und verletzt zu werden, führt oft zu einem sehr kontrollierenden und misstrauischen Verhalten. Der andere wiederum fühlt sich dadurch eingeengt und überwacht. Manchmal kann sogar genau das zu einem Seitensprung führen. Für Affären kann es viele Gründe geben (mangelnde Wertschätzung, wenig Paarzeit, keine Gespräche, wenig Sex…). Wenn sie auffliegen, bedeutet das für jede Beziehung einen Bruch. Auch wenn man zusammenbleiben möchte, ist es schwierig, wieder Vertrauen aufzubauen. Die tiefe Verletzung stellt vieles infrage.
Beziehungsprobleme durch Krankheit und Depression
Auch äußere Umstände können zu einer Krise in der Beziehung führen. Denn wie geht man damit um, wenn der Partner psychische oder körperliche Probleme hat? Also zum Beispiel durch einen Herzinfarkt, eine chronische Krankheit oder Ängste eingeschränkt ist? Durch eine Depression an nichts mehr Freude empfindet? Das bedeutet für den Kranken eine Herausforderung – aber auch für den Partner.
Ständiger Streit in der Beziehung, Rückzug und emotionale Distanz
Wenn aus Streit ein permanenter Kampf wird, leidet die Beziehung massiv. Häufig werden dann neue Verletzungen auf die alten gepackt, in den immer lauter werdenden Auseinandersetzungen verlieren beide. Entweder zieht sich dann einer zurück und mauert, was den anderen oft noch wütender macht – oder beide sitzen gekränkt und beleidigt in ihrer Burg und weigern sich, sich einen Schritt auf den anderen zuzubewegen. Statt Wärme ist dann nur noch Kälte da und statt Nähe nur Entfernung.
Kein Sex mehr in der Beziehung und sexuelle Unzufriedenheit
Eines der häufigsten und manchmal schwierigsten Themen. Denn es sind viele Gefühle im Spiel: Scham, Leistungsdruck, eigene und gesellschaftliche Moralvorstellungen… Wenn einer mehr Sex will als der andere, führt das oft zu Frust und Rückzug. Denn wir haben alle nicht gelernt, offen und entspannt über Sex zu reden. Wer mehr Sex will, fühlt sich dann zurückgewiesen, unattraktiv, machtlos, zweifelt an sich und der Beziehung. Häufig kommt es dann zu Affären. Auch für denjenigen, der weniger Sex will, ist es oft nicht leicht. Er fühlt sich bedrängt, unter Druck, findet vielleicht gar keine Zeit, mal an Sex zu denken. Stress ist da ein großer Feind der Beziehung. Das Handy ist das zweite.
Phasen einer Beziehungskrise: Woran erkenne ich, dass meine Beziehung in der Krise steckt?
Die meisten Paare reagieren zu spät auf die Anzeichen einer Beziehungskrise. Hat sich erst eine destruktive Dynamik entwickelt, wird es mit der Zeit immer schwieriger, das Ruder herumzureißen.
Achten Sie auf folgende Anzeichen:
- Unzufriedenheit und Schweigen: Wenn Sie nicht mehr sagen, was Ihnen fehlt und was Sie sich wünschen, sollten Sie sich die ersten Gedanken machen. Dann scheint es eine innere Hürde zu geben. Oder ertappen Sie sich dabei, gegenüber Dritten über Ihren Partner herzuziehen? Das kann mal ganz okay sein. Aber wenn Sie beginnen, Ihren Partner innerlich abzuwerten, ist das ein Warnsignal. Genauso: Schweigt Ihr Partner oder Sie häufiger genervt?
- Konflikte und Eskalation: Werden die Streits heftiger und verletzender? Werfen Sie sich immer wieder alte Sünden vor? Fällt es Ihnen immer schwerer, bei dem eigentlich Thema zu bleiben und es geht irgendwann nur noch ums Rechthaben? Wenn es zudem kaum noch gelingt, eine gemeinsame Lösung bei Konflikten zu finden und es auch nicht mehr klappt, Auseinandersetzungen im Nachhinein zu klären, sollten Sie reagieren.
- Distanzierung und Rückzug: Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass – sondern Gleichgültigkeit. Wenn Sie nur noch aneinander vorbei leben, Gespräche vermeiden, ihre Zeit nicht mehr miteinander verbringen und sich emotional isolieren, ist das ein Alarmsignal!
- Zweifel und Entscheidungsdruck: Erste Gedanken an Trennung tauchen auf, die innere Zerrissenheit und die Zweifel an der Beziehung werden größer. Oft taucht die Frage auf: „Habe ich mich am Anfang so in ihr/ihm getäuscht?“ innerlich durchlebt man vielleicht schon die möglichen Szenarien einer Trennung.
- Reflexion und Klärung: Oft kommen erst jetzt die Themen auf den Tisch, aus Not oder Verzweiflung oder als letzter Versuch einer Beziehungsrettung. Die Situation ist jetzt für beide schon so unerträglich geworden, dass jede Klärung eine Befreiung sein kann. Es kann auch sein, dass der „Point of no return“ schon überschritten wurde. Dass also einer oder beide sich so weit aus der Beziehung verabschiedet haben, dass es kein Zurück mehr gibt.
- Neuanfang oder Trennung: Wenn beide den Wunsch haben, sich und die Beziehung zu verändern, kann es gute Chancen für einen neuen Start geben. Wenn einer keine Energie mehr in die Beziehung stecken will und keine Hoffnung mehr hat, dann bleibt nur die Trennung. Das klingt frustrierend – aber auch das kann nach vielen Kämpfen ein guter Schritt sein.
Beziehungsprobleme lösen – was Paare tun können
Paare sind der Situation in einer Beziehungskrise nicht hilflos ausgeliefert. Auch wenn es sich manchmal so anfühlt. Paare können selbst etwas tun. Und das in jeder Phase der Krise. Hier ein paar erste Schritte, ein „Erste-Hilfe-Paket“.
- Sich wieder klar machen: Was mag ich an meinem Partner/meiner Partnerin? Selbst wenn man von vielen Dingen genervt ist, gibt es sicher etwas, was sie ihr/ihm anerkennen können. Seine Beharrlichkeit, ihren Mut, seine Geduld, wie er/sie mit den Kindern umgeht, die Zuverlässigkeit, vielleicht sogar gerade die Emotionalität?
- Mal genau hinterfragen: Was könnte der eigene Anteil am Problem sein? Bin ich gerade der Partner/die Partnerin, mit der/dem ich gern zusammen wäre? Verhalte ich mich gerade liebenswert?
- Gut für sich selbst sorgen: Die Erwartungen an den Partner/die Partnerin sind hoch – aber fragen Sie sich ruhig: was kann ich erst einmal selbst tun, um durchzuatmen, liebevoll mit mir selbst sein, was kann ich mir anerkennen und wertschätzen? Wie kann ich in diesen Momenten mit mir wieder Kraft schöpfen?
- Die eigenen Emotionen verstehen und regulieren: Wer selbst voller Wut ist, der ist eine Einladung zum Streit. Auf den reagieren auch andere mit Wut. Daher hilft es, sich selbst erst einmal in eine möglichst neutrale Haltung zu bringen.
- Offen und wertschätzend kommunizieren: Auf Vorwürfe und Kritik verzichten – sie sind Kommunikationskiller. Wer gehört werden möchte, sollte besser in Ich-Botschaften kommunizieren. Also nicht „Du hast…“, „Du musst…“, „Du bist…“, sondern: „Ich fühle mich dann…“, „Ich würde mir wünschen, dass wir…“
- Kleine Gesten: Durch Kleinigkeiten kann man viel verbessern. Zum Beispiel, indem man mal wieder „Danke“ sagt. Oder indem man sich mal bewusst ein paar Minuten Zeit füreinander nimmt. Interessiert nachfragt: „Wie war Dein Tag?“ Und den anderen dabei ansieht und vielleicht auch mal nachfragt. Indem man sich mal wieder bewusst in die Augen schaut. Den anderen liebevoll am Arm berührt. Oder indem man sich im Handy einen Alarm einstellt, der einen daran erinnert, an einen schönen Moment miteinander zu denken.
- Sich füreinander Zeit nehmen: Planen Sie sich mal wieder bewusst Zeit miteinander ein. Viele Paare vergessen das, weil man das früher ja automatisch und gern gemacht hat. Dabei sprechen Paare statistisch nur wenige Minuten am Tag miteinander. Tragen Sie sich also Paarzeit im Kalender ein, z.B. Mittwochabend, 20.00 Uhr. Und dann bitte ohne Kinder, ohne Handy. Vielleicht ist da erst mal viel Leere. Das ist dann so. Und irgendwann beginnt sicher einer zu sprechen.
- Ehrlich Wünsche und Bedürfnisse ansprechen: Trauen Sie sich, offen darüber zu äußern, was Sie sich wünschen, was Ihnen wichtig ist. Am besten in einer positiven Art. Also nicht das zu benennen, was Sie NICHT wollen, sondern das, was Sie gern möchten.
Beratung bei Beziehungsproblemen: Wann hilft eine Paartherapie oder ein Coaching?
Eine Paartherapie oder ein Beziehungscoaching kann in jeder Phase der Beziehung hilfreich sein. Zum Beispiel schon vorsorglich, um auf ein paar typische Fallen hinzuweisen und sie gemeinsam zu vermeiden.
Wann ist professionelle Hilfe auf jeden Fall sinnvoll?
- Negative Muster haben sich bereits so weit verfestigt, dass man selbst kaum noch herauskommt.
- Konflikte eskalieren immer noch schnell.
- Es fällt schwer, schwierige Themen überhaupt anzusprechen.
- Eigene Wünsche und Bedürfnisse sind noch unklar.
- Sie suchen konkretes Handwerkszeug, um Ihre Beziehung besser zu gestalten.
- Sie möchten verstehen, warum Sie in bestimmten Situationen so handeln.
Wie eine Paartherapie helfen kann
- Auffälligkeiten in der Kommunikation herausfinden
- Die Dynamik erkennen und verändern
- Eine andere/bessere Kommunikation einüben
- Prägungen aus unseren Herkunftsfamilien verstehen
- Streiten lernen
- Kompromisse finden
- An einem positiven Beziehungsbild arbeiten
- Hemmnisse und Wünsche beim Sex besprechen·
Was passiert in einer Paartherapie?
Üblicherweise trifft man sich alle zwei bis vier Wochen zu Gesprächen von etwa 90 Minuten. Es ist mir dabei wichtig, dass sich beide Partner gehört und verstanden fühlen. Heißt auch: Als Paartherapeut bin ich kein Richter. Niemand wird verurteilt, niemand soll gewinnen oder verlieren. Und: Niemand von Ihnen ist krank – der Klient ist die Beziehung, also das ZWISCHEN Ihnen.
Man bespricht die Themen, die zu Streit führen, und entwickeln gemeinsam Lösungen. Mit kleinen Aufgaben für zuhause können kleine Veränderungen ausprobiert und eingeübt werden. Oft stellt sich schon nach einiger Zeit eine Verbesserung der Situation ein. Allein der Schritt in eine Paartherapie oder ein Coaching ist ein deutliches Zeichen des Paares: Wir möchten es nochmal probieren, uns liegt etwas an unserer Beziehung. Und damit ist es ein erster, wichtiger Schritt, wieder aufeinander zuzugehen.
Hilfe bei Beziehungsproblemen: Finden Sie professionelle Unterstützung in Berlin
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